Underground Cinema


Ein Programm im Geist des subversiven experimentellen Kinos der 60er

"Jeder ist verantwortlich" ist ein Programm über Herrschaftsverhältnisse und Widerstand. Die Bilder verweigern sich einer glatten digitalen Bildästhetik, sie wurden komplett auf 16mm Filmmaterial aufgenommen und handentwickelt. Die filmische Erzählung bewegt sich assoziativ und nicht linear durch Zeit, gesellschaftliche Konflikte und die radikale Einmischung in die politischen Verhältnisse. Zum subversiven Umgang mit dem Filmmaterial gehört der Angriff auf die Oberfläche des Bildträgers. Die im chemischen Prozeß entstandenen Veränderungen der Emulsion führen den Zuschauer in die Welt des Experimentellen Films, der eine andere Wahrnehmung für den Weg in eine andere Welt fordert. Das Kreiren einer anderen Ästhetik war Teil der Überwindung gesellschaftlichen Verhältnissen, die man hinter sich lassen wollt.




"1968 drehte der Filmstudent Holger Meins den Kurzfilm "Wie baue ich einen Molotow-Cocktail?"". Am 1. Juni 1972 wurde er zusammen mit Andreas Baader und Jan-Carl Raspe in Frankfurt am Main verhaftet. 1974 verstarb er bei einem Hungerstreik gegen die Haftbedingungen. Das nach ihm benannte "Kommando Holger Meins" stürmte am 24. April 1975 die Deutsche Botschaft in Stockholm, um politische Gefangene freizupressen. Bei dieser Aktion kamen fünf Menschen ums Leben.

Im gleichen Jahr begannen Kieler Schüler, den Super-8 Film für sich zu entdecken. Unter dem Namen Filmgruppe Chaos nutzten sie das Medium, um jenseits der gewohnten Filmsprache ihren Blick auf die Welt kundzutun. Fast fünf Jahrzehnte später griff die Filmgruppe auf Bildmaterial von Holger Meins über den Bau eines Molotow-Cocktails zurück und nahm Kontakt zu Lutz Taufer auf, einem ehemaligen Mitglied des "Kommandos Holger Meins". Lange Gespräche über die 68er Bewegung, die RAF, 20 Jahre Knast, die Arbeit in einer brasilianischen Favela und die heutigen Verhältnisse bilden die Grundlage des Films "Jeder ist verantwortlich". Gedreht wurde mit einer Arriflex Kamera auf 16mm Schwarzweißmaterial, das anschließend handentwickelt wurde. So entstand eine Bildästhetik, die von einem Underground-Filmer der 1960er Jahre stammen könnte."

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